Die Lotsen navigieren die GORCH FOCK durch die Seestraße (Quelle: © 2011 Bundeswehr / Yvonne Knoll/Bildstelle MFG 3)Die Lotsen navigieren die GORCH FOCK durch die Seestraße (Quelle: © 2011 Bundeswehr / Yvonne Knoll/Bildstelle MFG 3)

Einfahrt in die Magellan-Straße

Mit Sonnenaufgang früh um 05:30 Uhr ist das Segelschulschiff GORCH FOCK am Montag, dem 10. Januar 2011, unter Segeln in den atlantikseitigen Eingang der Magellanstraße hinein gefahren. Relativ bald war der Wind zwar immer noch stark genug, aber hinsichtlich seiner Richtung leider nicht mehr segelbar, so dass die Segel zunächst einmal geborgen werden mussten und nun „Johann“, der Antriebsdiesel, auch mal wieder zum Zuge kommen darf.

Der Estrecho de Magallanes, so der originale spanische Name der Magellan-Straße, ist eine Passage, die sich von der atlantischen bis auf die pazifische Seite durchzieht.

Nördlich liegt Patagonien, der südlichste Teil des südamerikanischen Festlandes, nach Süden erstreckt sich bis zur Südspitze, dem Kap Hoorn, eine weitläufige Welt aus vielen kleinen und einigen größeren Inseln.

Die Größte ist die Isla Tierra del Fuego – Feuerland. Mit etwas Phantasie erinnert diese abgelegene Ecke der Welt hier und da an Norwegen. Die Passage erstreckt sich über insgesamt etwa 320 Seemeilen, was knapp 600 Kilometern entspricht.

Sie besteht aus einer Reihe von Engstellen, verläuft im westlichen Teil über eine längere Strecke in einem kanalähnlichen, aber natürlichen Fahrwasser, hat aber auch deutlich offenere Teile, in denen die GORCH FOCK mit etwas Glück sogar wird zeitweise segeln können.

An der atlantischen Einfahrt werden knapp die argentinischen Hoheitsgewässer berührt, der gesamte Rest der Magellan-Straße ist von chilenischem Gebiet umgeben.

Pudelmütze und Sonnenschein

marine_256pxDie Chilenischen Marine überbringt die Lotsen (Quelle: © 2011 Bundeswehr / Yvonne Knoll/Bildstelle MFG 3)

Während der Einfahrt und nachdem die Segel geborgen wurden, briste der ohnehin recht starke Wind kräftig auf und kam genau von vorne, ein erster Düseneffekt machte sich bemerkbar und erreichte Windstärke 10.

Im Laufe des Vormittags wurde für die Mittagszeit die Übernahme von zwei Lotsen, gestellt durch die Chilenische Marine, angekündigt, nachdem der Kontakt mit der entsprechenden Stelle über Funk planmäßig vonstatten ging.

Es herrscht strahlender Sonnenschein, wenngleich die Wassertemperatur nur noch bei etwa 9° Celsius liegt und auch die Luft nicht sehr viel wärmer ist. Hinzu kommt durch den kräftigen Wind ein ordentlicher Chill-Faktor.

Während bis vor wenigen Tagen sommerliches Zeug getragen wurde, sind an Bord längst warme Unterwäsche, Seeparka und Pudelmütze angesagt. Auch die Tierwelt verändert sich und wird ausgesprochen interessant.

Neben einer Gruppe kleiner Wale aus der Familie der zu den Delphinen gehörigen Schweinswale, die man in ihrer markanten schwarz-weißen Färbung nach allen an Bord vorliegenden Erkenntnissen nur in diesen Breiten antrifft, wurden auch bereits die ersten Pinguine ausgemacht.

Ähnlich den vor wenigen Tagen bereits gesichteten ersten Albatrossen mochten aber auch diese im Wasser sehr eleganten und flinken Kameraden sich bisher leider so gut wie nicht fotographieren lassen.

Etwas Entspannung und Ablenkung an Bord

Individuelle Freizeitgestaltung (Quelle: © 2011 Bundeswehr / Yvonne Knoll/Bildstelle MFG 3)Individuelle Freizeitgestaltung (Quelle: © 2011 Bundeswehr / Yvonne Knoll/Bildstelle MFG 3)

Die zurückliegende Reiseetappe von Montevideo bis zum Eingang der Magellan-Straße stand ganz im Zeichen der Vorbereitungen auf absehbar schwereres Wetter und stärkere Winde. Segel wurden repariert, andere ausgewechselt, Leinen und Blöcke wurden kontrolliert und teilweise nachgearbeitet.

Des Weiteren wurde das Reefen geübt und die neue Segelcrew in die besonderen Aspekte des Segelns bei Starkwind eingewiesen. Die gesamte Besatzung war gut beschäftigt. Nebenbei hatte guter Wind für eine schnelle Reise gesorgt.

Die Einfahrt in die Magellan-Straße wäre dadurch bereits am vergangenen Samstag möglich gewesen, war zwischenzeitlich aber auf den 10. Januar festgelegt worden. Die verbleibende Zeit wurde im Seegebiet zwischen der Einfahrt zur Magellan-Straße im Westen und den Falkland-Inseln im Osten mit wechselnden Kursen und diversen Segelmanövern verbracht, eine hervorragende Gelegenheit zum Zusammenwachsen der zumindest in Teilen recht neu formierten Segelwachen.

Die jungen Kameraden mussten ganz schön „ran“ und waren dankbar für jede Pause. Diese wiederum nutzten sie alle auf ganz unterschiedliche Weise. Der Eine lag an Deck und las, der Nächste hielt für eine Weile einfach die Augen geschlossen, drei Kameraden lösten mit zusammengesteckten Köpfen gemeinsam ein Kreuzworträtsel, zwei Andere lagen sich bäuchlings gegenüber und spielten Karten, wieder Andere „Mensch ärger Dich nicht“.

Besonderer Clou: Ein kardanisch aufgehängtes Spielbrett, auf dem die Spielsteine auch bei gröberem Seegang nicht umfallen können. Gleich vier der jungen Seeleute lagen sternförmig zueinander an Deck und waren mit Kniffeln beschäftigt, in Ermangelung eines Würfelbechers wurde kurzerhand eine Tasse vorübergehend zweckentfremdet.

Alles bei guter Laune, um Schwung für das nächste Segelmanöver zu sammeln. Diese Art Entspannung funktioniert natürlich nur, solange der Wind ruhig und das Wetter schön ist. Bei nassem Deck und weniger gemütlichen Bedingungen verdrückt sich die Segelwache in windgeschützte Ecken.

Brettspiele und derlei Dinge sind dann weniger geeignet – aber Seemannsgarn spinnen geht immer! Das können sogar die Smuts, die Köche, die zwischen der Zubereitung der Mahlzeiten auch gerne mal ihre aufgeheizte Kombüse verlassen und dann alle zusammen an der frischen Luft anzutreffen sind.

Die Gitarre in der Ferne

Ein Soldat nutzt seine geringe Freizeit (Quelle: © 2011 Bundeswehr / Yvonne Knoll/Bildstelle MFG 3)Ein Soldat nutzt seine geringe Freizeit (Quelle: © 2011 Bundeswehr / Yvonne Knoll/Bildstelle MFG 3)

Aber auch außerhalb der anstrengenden Segelwachen wird immer gerne Ablenkung gesucht. So trifft sich jeden Abend um die Schiffsglocke auf freiwilliger Basis eine Gruppe von 30 bis 40 Soldaten, aus allen Teilen der Mannschaft zusammengewürfelt, zum Singen von Seemannsliedern.

„Wir lagen vor Madagaskar“, „Jan und Hein und Claas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit“, „Rolling home“ und ähnliche Fetzen bekannter Shantys klingen dann über das Deck des Segelschulschiffes.

Ein anderer Seemann macht lieber für sich alleine Musik und ist bei einsetzender Abenddämmerung auf dem Vorschiff anzutreffen, mit der Gitarre unter dem Arm.

Wieder ein Anderer sitzt, ebenfalls in der Abenddämmerung und während seiner Freiwache, an der Reling, blickt in die Ferne und denkt an – nun, das sei sein Geheimnis.

Zu einer funktionierenden Crew gehört neben der körperlichen Herausforderung auch das Miteinander in den Phasen der Entspannung.

Stück für Stück wächst die Besatzung weiter zusammen. Es werden im Verlauf der weiteren Reise absehbar Zeiten kommen, in denen das Bewusstsein darum einmal mehr wichtig sein wird.

Quelle: piz Marine
Autor: Achim Winkler (Presse- und Informationszentrum Marine, z.Z. GORCH FOCK)
Fotos: Yvonne Knoll/Bildstelle MFG 3

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Gorch-Fock-Lied

Segel setzen "Gorch Fock"

Meldung an Bord

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