Rückreise von Akureyri nach Kiel

Nach dem Auslaufen von Akureyri nahmen wir Kurs Richtung Heimat. Diese Fahrt verlief jedoch nicht so ruhig, wie viele sich das vorgestellt hatten.

Der Nordatlantik empfing uns schon rauh. Wir hatten die isländische Küste an BB liegen, als ich Ruderwache bis 00Uhr hatte. Wir liefen unter Maschine, immer gegen Wind und Seegang an. Die Außentemperatur war auch nicht gerade schmeichelhaft, als ich endlich nach Mitternacht in meine gemütliche Koje im Stammdeck unter die warme Decke kroch. Damals war das Stammdeck noch durchgängig offen und 8 ältere Stammfahrer hatten das Privileg, eine Koje zu haben, der Rest schlief in Hängematten. Nun gut, ich ließ mich von dem Stampfen der Gorch Fock in den Schlaf wiegen, als ca. gegen 1Uhr der Smadding ins Deck polterte: “alle Mann an Deck – sofort – nur Lifebändsel mitnehmen – hop – hop – “. So etwa hatte sich das abgespielt und damals hatten wir noch das gute, alte Lifebändsel mit einfachem Karabinerhaken und wurde mit doppeltem Palstek umgebunden.

 

Das klang bedrohlich und ich war noch im Halbschlaf und Schlafanzug. Darüber streifte ich mir noch schnell den Parka, der offen blieb, wegen des Lifebändsels.

Als wir an Deck stürmten – soweit das wegen des Seeganges möglich war – stand der gesamte Lehrgang angetreten an Deck.

Der Sturm heulte schaurig in den Wanten und wir hatten 2 rote Laternen übereinander gesetzt – das zeigte Manövrierunfähigkeit an. Unsere Maschine – damals nur mit ca. 850PS, schaffte es nicht mehr, die Gorch Fock gegen den Sturm und den hohen Seegang anzudrücken. Es bestand die Gefahr, daß wir auf die isländische Küste gedrückt werden – d. h. wir saßen halbwegs auf Leegerwall. Nun war die Stammbesatzung gefragt. Es hieß aufentern und Segel lösen, damit wir uns frei kreuzen konnten. Mein Gott – nie vergesse ich, wie ich von da oben wieder runtergekommen bin. Im Schlafanzug – nur den offenen Parka über – spürte ich meine Finger nicht mehr. Die Zeisinge lösen und zähneklappernd über die Fußpferde rutschen – unter mir die Wellenberge – hatte ich das Gefühl, der Wind pfeift mir durch die Rippen. Eng an die Wanten gepreßt, enterten wir ab und kamen wieder an Deck. Nun wurden die Segel gesetzt und schwerfällig kreuzten wir uns von der Küste so weit frei. daß wir den Südzipfel von Island umrunden konnten.

Danach setzte wieder die Seeroutine ein und das Wetter beruhigte sich. Bis wir vor den Färöer – Inseln standen. Es war ein relativ warmer Abend. Die Sonne ging gleißend unter und es war windstill. Wir liefen unter Maschine und es ging eine hohe Dünung, die schwerfällig wie Blei rollte und auch so glänzte.

Und es kam. Es kam heulend und schäumend. Inzwischen hatten wir Sturmsegel gestzt und machten eine tolle Geschwindigkeit. Die Wellenberege wuchsen und die Gorch Fock ging manchmal bis 50Grad über. Das BB – Mitteldeck stand dann halb unter Wasser und die Jungs kotzten sich die Seele aus dem Leib. Ich weiß nicht, wie die Smutjes es schafften, bei diesem Wetter noch Steaks zu braten. Jedenfalls war ich total überfressen, weil selbst vielen vom Stammdeck das Essen nicht mehr schmeckte und ich die Steaks dann mit verputzte.

An Stb. hätten wir beinahe einen Wal an Deck bekommen. Der hatte sich vom Walfangmutterschiff losgerissen und trieb mit Preßluft gefüllt auf einer riesigen Woge dicht an uns vorbei. Ja, das wär`s doch gewesen – ein Wal an Deck.

Und wie sah meine Zimmereilast erst aus. Obwohl vorher alles seefest gezurrt wurde, hatten sich Schubladen geöffnet – die Werkbank stand woanders – Holzstapel hatten sich losgerissen und Dachlatten selbständig gemacht. Es war ein Glücksspiel. dieses Chaos mit 2 Leuten wieder in den Griff zu bekommen. Aber irgendwie gelang es doch. Der Sturm war so gewaltig, daß Brassblöcke splitterten und Segel in den Lieken einrissen.

Wenn wir auf einen Wellenberg kletterten, konnten wir in der Ferne Fischdampfer in den Wellentälern versinken sehen oder sie tauchten wieder auf, wenn wir nach unten sackten. Die Geräusche von Sturm und Wellen waren ohrenbetäubend.

Es war ein gewaltiges Naturerlebnis und wir waren mittendrinn. Ich muß sagen, ich hatte ein unerschütterliches Vertrauen zu unserem Schiff und Kommandanten und genoß dieses Schauspiel. Mir taten nur die armen Jungs leid, die sich vor dem Speigatt in den Armen lagen und röhrten wie die Hirsche. Na ja – nach einigen Tagen wurde es ruhiger. Es wurde Klarschiff gemacht – repariert – ausgewechselt und dann ging es ohne weitere Zwischenfälle nach Kiel zurück.

Damit war dann eine ereignisreiche Reise beendet.

Gruß Möwe