Reiseberichte

Turn von Wilhelmshaven nach Dunkerque auf dem Fullriggen Tallship "SØRLANDET"

Erlebnisbericht von Hajo Strotkamp.

Die "SØRLANDET" ist von den drei norwegischen Windjammern der kleinste. Sie ist 65 m über alles lang und verfügt über rund 1.000 m² Segelfläche.

Die "SØRLANDET" lief 1927 in Kristiansand/Norwegen vom Stapel und ist bis heute dort beheimatet.

Im zweiten Weltkrieg wurde das Schiff von den Deutschen beschlagnahmt und in Kirkenes als Militär-Haftanstalt verwendet. Nach dem Krieg erhielten es die Norweger zurück. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten 1947 wieder in Dienst gestellt. Als Ausbildungsschiff findet man die "S
ØRLANDET" heute auf allen Weltmeeren u.a. als Teilnehmer an STI-Regatten und sie ist gern gesehener Gast in den Häfen dieser Welt.

So, jetzt aber von Anfang an.

Am letzten Tag auf der "BOOT" in Düsseldorf habe ich einen Kollegen zur Ziehung der Hauptpreise   -Teilnahme an oben genannter Reise- zum Stand der "SØRLANDET" begleitet, um ihm die Daumen zu drücken. Der Standleiter hat noch die Chance gegeben schnell eine Teilnehmerkarte auszufüllen. Als erste wurde meine gezogen der Kollege aber ging leer aus. Nach anfänglicher Riesenfreude kam erst einmal die Ernüchterung. Der Reisetermin fiel genau in unseren geplanten Sommerurlaub. Letztendlich haben meine Frau und ich alles hinbekommen uns ich konnte die Reise antreten.

Am Sonntag, den 19.06.2011 war es endlich soweit. Reisetasche und Rucksack waren gepackt und es ging mit der Bahn in Richtung Wilhelmshaven. Während der Fahrt fühlte ich mich plötzlich 40 Jahre zurückversetzt, denn fast zur gleichen Zeit fuhr ich damals zur Ebkeriege-Kaserne zum Einstellungstest bei der Marine.

Am späten Nachmittag erreichte ich WHV und machte mich zu Fuß auf zum Bontekai. Als erstes erblickte ich das WFS "PLANET", eine gute alte Bekannte und Nachbarin von der Blücherbrücke. Wieder beschlich mich ein komisches Gefühl, als ich den Bontekai entlang sah, denn da lag sie endlich vor mir, wie damals die "GORCH FOCK". Ich hatte mir für die Zeit an Bord vorgenommen nicht von vorhinein zu sagen, dass ich schon einmal Großsegler gefahren bin. Ich war mir sicher, dass hier an Bord vieles anders sein wird, als das damals gelernte.

Als ich die Stelling betrat war die Bordroutine sofort wieder allgegenwärtig. Gepäck abstellen, Haltung einnehmen, Gruß zur Flagge und anschließend an Bord melden. Die Begrüßung war herzlich und ich wurde gleich ins Deck geführt. Dort befanden sich schon 2 deutsche Trainees, die mir sofort zeigten welchen Bock ich beziehen könnte, welche Seekiste und Spind mir während der Reise gehört. Das Deck war ausgelegt für ca. 70 Trainees und wir waren bis dato nur zu Dritt; also Platz ohne Ende. Bis zum Auslaufen sollte sich die Zahl noch auf sage und schreibe 6 erhöhen. Beim Verstauen der Sachen habe ich festgestellt, dass ich meine Gummistiefel vergessen hatte, was sich aber als kein Problem darstellte, denn unser alter Versorgungsmaat wohnte immer noch in WHV und nach einem kurzen Telefonat stand am nächsten Morgen "Supply" mit seinem Auto auf der Pier und fuhr mich zu einem Gummistiefel-Geschäft. Dem Auslaufen stand nun nichts mehr im Wege. Durch die KW-Brücke ging es vorbei am Marine-Museumshafen Richtung Schleuse und dann auf die Jade Richtung TSS (Traffic-Separation-Scheme oder ganz einfach Verkehrstrennungsgebiet).

Nach dem Aufklaren stand die Einführung in die Bordroutine, Sicherheitsrollen mit Anlegen des Überlebensanzuges und der Schwimmwesten so wie Einteilung in die Wachen auf dem Programm, denn wir waren jetzt Bestandteil der Besatzung.

Von der Revierfahrt hing der Stbd.-Stockanker noch klar zum Fallen und musste wieder seefest auf dem Schweinsrücken gelascht werden. Dazu wurde der Cutdavit in Stellung gebracht und mit ein paar Mann und dem Ankerspill lag der Anker dort, wo er hingehörte. Gefahren wurde im 3 - Wachen -Turn und ich bekam die 08:00 - 12:00 Wache. Hieß, keine Bauernnacht und immer die gleiche Wache während der gesamten Reise. Unsere Wache bestand aus Kari: 2. Mate, Frederik und Johannes: Able-seaman, Thore: Ordinary-seaman, Martijn und ich: Trainees.

Fortan gehörte zu unseren Aufgaben die Arbeit an Deck und in der Takelage, Ausguck, Rudergänger und in der Nacht die Feuer-Wache. Zu Beginn meiner ersten Wache hatten wir das TSS gekreuzt und steuerten auf die englische Küste zu. Sollte heißen für die nächsten Tage nur Wind gegenan und immer mit 6 bis 7. Als Ausguck und Rudergänger war nun ständig Fahrstuhl fahren angesagt. In Verbindung mit Kombüsengerüchen hat mir mein Magen dann einmal signalisiert, dass ich mich in der Nähe des Speigattes aufhalten und ich mein Opfer bringen soll. Danach war für den Rest der Reise aber wieder Ruhe.

Meine erste Ruderwache ging ich mit Frederik. Ziemlich schnell erkannte er, dass ich in der Lage war nach Kompass zu fahren das Schiff alleine zu steuern. Von da an stand ich fast nur noch alleine am Ruder.

Bei der Feuer-Wache wurde jede Last, jedes Schapp und die Kombüse inspiziert. Kammern der Besatzung und das Achterschiff waren davon ausgenommen. Eine Besonderheit war die Bootsmanns- und Segellast. Dort war eine Öffnung im Boden und man konnte die Bleigewichte und Wasser in der Bilge sehen. Nach der Runde macht man Meldung bei der WO´in und sollte der Wasserstand sich über den Gewichten befinden, musste dann abgepumpt werden. Es war eben alles anders.

Am 2. Tag auf See kam zeitweise Nebel auf und ich wurde für den Ausguck eingeteilt. Ich war gespannt, wie das Ablaufen sollte. Johannes kam mit auf die Back und erklärte mir, dass ich den Bereich von 180° nach Voraus nach Fahrzeugen, Tonnen und Hindernissen absuchen sollte. Die Kommunikation nach achtern erfolgte über die Schiffsglocke. Das hieß 1 Schlag = Objekt an Stbd.-Seite, 2 Schläge = Objekt an Bb.-Seite und 3 Schläge = Objekt genau Voraus. Von achtern wurde mit der Glocke bestätigt. Nachdem dann die Sicht wieder gut war und sogar die Sonne schien konnte ich den Posten Ausguck wieder verlassen. Mit Frederik sollten Martijn und ich, nachdem wir gefragt wurden, ob wir es uns zutrauen, in die Takelage. Mein Lifebändsel habe ich wohlweißlich zu Hause gelassen. Ich war mir sicher, dass ich damit nicht nach oben gedurft hätte. Wir bekamen nun jeder ein Harness (Lifebelt) und eine Einweisung ins Aufentern, Auslegen und Verhalten in der Takelage. Was neu für mich war, dass zum einen an den achteren Püttings ein Drahtseil befestigt war, das über die Saling an das achtere Hoofdtau des Marsstengewants angeschäkelt war. Bevor wir über die Püttings auf die Marssaling enterten, mussten wir uns dort einpicken. Zum Anderen beim Übersteigen auf die Untermars, dass wir unter einem Draht durch mussten, der vom Mast zur Rahnock reichte und den wir anschließend im Rücken hatten. Der Sicherungsgurt wurde um diesen Draht geführt und mit dem Karabiner am Harness wieder eingehakt. Erst danach wurde ausgelegt und wir waren die gesamte Zeit gesichert. Nachdem wir unsere Position auf der Rah erreicht hatten, wurde ich von Frederik gefragt, auf welchem Segler ich schon gefahren sei, denn Griffe, Tritte und Bewegungen seien sicher ausgeführt worden. Hat mich in dem Moment schon ein wenig stolz gemacht. Ich muss auch dazu sagen, dass ich mich zu keinem Zeitpunkt unsicher gefühlt habe. Es war halt wie früher. Zurück an Deck wurden wir zum Lunch geschickt, denn unser Wache war zwischenzeitlich auch schon zu Ende.

In der Freiwache am Nachmittag gab es auf dem Mitteldeck an einem Schausegel eine Unterweisung in die Bezeichnung der einzelnen Tampen und wie das Segel auf die Rah gepackt wird. Anschließend wurde der Ablauf mit den dazugehörigen Kommandos für eine Halse erklärt. Was ich gut fand, war die Art und Weise der Erklärung. Es mussten sich nämlich 3 Leute hintereinander aufstellen. Einen Arm nach vorne strecken, für die Stagsegel und den anderen zur Seite, für die Rahen. Durch Senken des vorderen Armes wurde das Bergen der Stagsegel und durch Drehen des Oberkörpers die Stellung der Rah zum Wind erklärt. Das soeben erklärte Manöver wurde dann ohne Segel einmal komplett durchgefahren. Während der Unterweisung hatte der Segelmacher Groß und Untermars wieder angenäht. Beide Segel mussten wieder verpackt werden und ich sollte mit hoch. Bis auf die elende langen Zeisingbändsel, die um die ganze Rah gebunden wurden, war es wie damals.

Die 4-8 Wache hatte die unteren Stagsegel als Stützsegel gesetzt weil der Wind ordentlich zugenommen hatte. Der Kommandant wollte bis vor England, dann auf Nordkurs soweit hoch, dass wir wenigstens für einen Tag segeln konnten. Während unserer Wache stand hauptsächlich Rudergänger, Feuerwache und Kontrolle der Schoten und Fallen auf dem Programm.

Nach einer ruhigen Nacht und Frühstück zogen wir wieder auf Wache. Neben den bis dahin schon üblichen Aufgaben sollten wir mit Johannes aufs Mitteldeck. Dort holte er aus einem Schapp zwei große rote Säcke und forderte uns auf diese zu öffnen. Hervor kamen MOB (Man over board)- Anzüge, die wir dann auch anziehen sollten. Anschließend sahen wir aus, wie vom anderen Stern und waren froh, als sie wieder verstaut waren. War nämlich muckelig warm darin. Da die Anzüge allein nichts nützen hat Johannes uns dann noch erklärt, wie das Speedboot zu Wasser gelassen wird.

Am Nachmittag war es endlich soweit. Als Allemanns-Manöver wurden neben den Stengestagsegeln und den beiden Klüvern, an Vor- und Großtopp, die beiden unteren Segel dazu gesetzt und der Chief hat seine Hauptmaschine ausgemacht. Während der Wache haben wir dann mit unseren 5 Peoplechen die eine oder andere Schot dicht geholt und nachgebrasst. Ziemlich kaputt habe ich dann meinen Bock aufgesucht.

In der Nacht ist gewendet worden und es ging auf die belgische Küste zu. Nachdem ich mich bei Kari als Rudergänger abgemeldet hatte, fragte sie mich, ob ich nicht Lust hätte bei dem schönen Wetter Fotos aus der Takelage zu machen. Frederik versorgte mich noch mit einem Sicherungsbändsel für die Kamera und dann ging es nach oben. Da ich für die Fortführung meines Artikels noch das eine oder andere Detail gebrauchte, kam dieses Angebot sehr gelegen. Oben auf der Bramsaling zu stehen, von dort oben auf die See hinaus und unter sich die geblähten Segel zu sehen, war schon ein tolles Gefühl und ein unvergessliches Erlebnis. Mit reichlich Fotos versehen und doch das Eine oder Andere vergessen zu haben, stand ich nach einiger Zeit wieder auf dem Mitteldeck. Bis zum Abend geschah nichts aufregendes mehr. Jeder stand oder saß rum und genoss einfach alles um sich herum. Gegen 21:00 h löste Thore mich am Ruder ab und sagte ich solle mein Harness anlegen, da die Segel geborgen werden. Johannes, Frederik und Martijn erwarteten mich schon auf dem Mitteldeck. Kurze Einweisung und nacheinander wurden alle Stagsegel geborgen und festgemacht. Danach kamen die Rahsegel an die Reihe. Zu Viert enterten wir den Großtopp auf und fingen an auf einer Seite die Segel zur Mitte hin festzumachen. Legten auf die andere Seite aus und das gleiche Spiel von vorne. Auf der Untermars das gleiche Spiel noch einmal. Am Vortopp habe ich dann gestreikt, denn die Worte meiner Frau kamen mir in den Sinn. Sie hat mir mit auf den Weg gegeben, dass ich nicht den Helden spielen und ich mir immer darüber im Klaren sein sollte, dass ich bald 60 werde. Habe mich daraufhin bei Kari wieder als Rudergänger gemeldet und die Sache war geklärt.

Am 5. und letzten Tag fuhren wir schon dicht unter Land an der belgischen Küste entlang. Eine halbe Wache war noch zu gehen, die in der Hauptsache mit Aufklaren und Reinschiff ablief. Nachdem wir abtreten konnten, war duschen und Koffer packen angesagt. Von der Barring aus verfolgten wir dann das Einlaufen in Dunkerque. Um in der Schleuse Anlegen zu können, musste der Bb.-Kutter zu Wasser gelassen und die Davits nach innen geschwenkt werden. Trotzdem kam es noch zu einem Schaden an der schönen alten Bb.-Laterne. Die stand nämlich auch über, kam an die Schleusenmauer und wurde zu einem  Haufen Kupferblech zusammengeknüllt. Nach dem Anlegen, der herzlichen Verabschiedung und dem letzten Gruß zur Flagge kam dann die Erkenntnis, dass eine wunderschöne Zeit schon wieder vorbei, aber das Erlebte von niemandem zu nehmen ist.


Rückreise von Akureyri nach Kiel

Nach dem Auslaufen von Akureyri nahmen wir Kurs Richtung Heimat. Diese Fahrt verlief jedoch nicht so ruhig, wie viele sich das vorgestellt hatten.

Der Nordatlantik empfing uns schon rauh. Wir hatten die isländische Küste an BB liegen, als ich Ruderwache bis 00Uhr hatte. Wir liefen unter Maschine, immer gegen Wind und Seegang an. Die Außentemperatur war auch nicht gerade schmeichelhaft, als ich endlich nach Mitternacht in meine gemütliche Koje im Stammdeck unter die warme Decke kroch. Damals war das Stammdeck noch durchgängig offen und 8 ältere Stammfahrer hatten das Privileg, eine Koje zu haben, der Rest schlief in Hängematten. Nun gut, ich ließ mich von dem Stampfen der Gorch Fock in den Schlaf wiegen, als ca. gegen 1Uhr der Smadding ins Deck polterte: “alle Mann an Deck – sofort – nur Lifebändsel mitnehmen – hop – hop – “. So etwa hatte sich das abgespielt und damals hatten wir noch das gute, alte Lifebändsel mit einfachem Karabinerhaken und wurde mit doppeltem Palstek umgebunden.

33. Reise – Island

Nachdem wir mit der Gorch Fock Tromsö angelaufen hatten, mit Besuch der Walfangstation, nahmen wir Kurs auf Akureyri-Island. Wir ließen die herrlichen norwegischen Fjorde, die hohen Berge und die schroffen Felsen, die bis zum Wasser steil abfielen, hinter uns.

Diejenigen, die mit dabei wahren, erinnern sich bestimmt daran, wie unfreundlich uns das Nordmeer begrüßte. Nebel, Nebel, und nochmals Nebel. Der Klang des Nebelhorns begleitete uns Tag und Nacht. Unser Kommandant, Kapitän zur See von Witzendorf ließ verschärft Ausguck gehen, da Eisberge nicht ausgeschlossen waren.  Zum Glück blieben sie verborgen dafür begleitete uns ein Wal, der abwechselnd mal an Backbord und mal an Steuerbord auftauchte und blies.

Tuut-tuut-tuut. Manch einer war genervt von dem tage- und nächtelangen anhaltendem Geheule des Nebelhorns.

Gorch-Fock-Lied

Segel setzen "Gorch Fock"

Meldung an Bord

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